Chronische Erschöpfung und Fatigue-Syndrom
Chronische Erschöpfung geht weit über das Gefühl normaler Müdigkeit hinaus. Sie beschreibt einen Zustand anhaltender, tiefgreifender Kraftlosigkeit, der auch durch ausreichenden Schlaf und Ruhephasen nicht verschwindet. Betroffene erleben nicht nur körperliche Schwäche, sondern oft auch geistige Leistungseinbußen, Konzentrationsprobleme und das Gefühl, vom Alltag regelrecht überrollt zu werden. Dieser Zustand kann massiv in das Berufs- und Privatleben eingreifen und die Lebensqualität nachhaltig einschränken.
Was ist das Fatigue-Syndrom?
Das Fatigue-Syndrom ist ein komplexes Beschwerdebild, das sowohl bei eigenständigen Erkrankungen wie dem Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) als auch als Begleitsymptom vieler anderer Krankheiten auftreten kann. Es handelt sich um eine tiefe, nicht erklärbare Erschöpfung, die länger als sechs Monate anhält und nicht proportional zu vorangegangener körperlicher oder geistiger Belastung ist. Charakteristisch ist, dass die Symptome sich nach Anstrengung häufig verschlechtern – ein Phänomen, das als Post-Exertional Malaise (PEM) bezeichnet wird.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen sind vielfältig und können Infektionskrankheiten, Autoimmunreaktionen, hormonelle Störungen, Mangelzustände oder anhaltenden Stress umfassen. Auch eine gestörte Funktion der Mitochondrien – den Kraftwerken unserer Zellen – wird als möglicher Mechanismus diskutiert. Häufig tritt das Fatigue-Syndrom nach viralen Infekten wie dem Epstein-Barr-Virus oder SARS-CoV-2 (Long Covid) auf. Zusätzlich können psychische Belastungen und Umweltfaktoren den Verlauf negativ beeinflussen.
Typische Symptome
- Ausgeprägte körperliche und geistige Erschöpfung
- Konzentrations- und Gedächtnisprobleme („Brain Fog“)
- Schlafstörungen und nicht-erholsamer Schlaf
- Überempfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen oder Gerüchen
- Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen oder Kopfschmerzen
- Verstärkung der Beschwerden nach körperlicher oder geistiger Anstrengung (PEM)
Diagnose
Da es keine einzelne Laboruntersuchung gibt, die das Fatigue-Syndrom eindeutig bestätigt, basiert die Diagnose auf einer ausführlichen Anamnese, einer systematischen Symptomdokumentation und dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Grundlage sind internationale Leitlinien, wie sie unter anderem von der WHO, dem RKI oder dem NICE formuliert werden. Häufig werden ergänzende Blutuntersuchungen eingesetzt, um Mangelzustände, Entzündungszeichen oder hormonelle Dysbalancen zu erkennen.
Therapieansätze
Eine kausale Therapie existiert bislang nicht. Die Behandlung ist daher symptomorientiert und individuell auf den Patienten abgestimmt. Bewährt haben sich ein achtsames Aktivitätsmanagement (Pacing), die gezielte Substitution fehlender Nährstoffe, sanfte Bewegungstherapien und Entspannungstechniken. In einigen Fällen werden auch NAD⁺-Infusionen oder andere Ansätze zur Unterstützung des Energiestoffwechsels genutzt. Wichtig ist, dass die Maßnahmen in einem individuell verträglichen Rahmen erfolgen, um Überlastungen zu vermeiden.
Fazit
Das Fatigue-Syndrom ist eine ernstzunehmende und oft unterschätzte Erkrankung, die ein umfassendes Verständnis und eine individuelle Betreuung erfordert. Wer unter anhaltender, nicht erklärbarer Erschöpfung leidet, sollte die Symptome sorgfältig dokumentieren und gezielt abklären lassen, um passende Unterstützung zu finden.